Ich bin Lehrender an der Schule für Sozialbetreuungsberufe – SOB Tirol in Innsbruck in der Maximilianstraße 41-43. Mit zwei Gruppen der Fachrichtung „Behindertenbegleitung“ habe ich die interessante Ausstellung „Im Gedenken der Kinder“ im Hof der Pfarre Wilten-West besucht. Die Ausstellung sollte die Unterrichtsinhalte, die wir im ersten Ausbildungsjahr vermitteln, erweitern und ergänzen.
Wir bilden an unserer Schule „SozialbetreuerInnen“ in der Begleitung von Menschen mit Behinderungen aus. Daher ist die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Begleitung/Betreuung von Menschen mit Behinderungen Teil des Lehrplans. Wir beschäftigen uns dabei mit der Aktion T4 und der Vernichtung (Euthanasie/Gnadentod) von MmB während der Zeit des Nationalsozialismus wie auch mit der Rolle der Medizin und Heilpädagogik im Dritten Reich.
Wir besuchen im Rahmen des Unterrichts immer wieder die Gedenkorte Hartheim in Oberösterreich und das Pavillon 15 auf der Baumgartner Höhe, um die Erinnerung an diese Zeit wach zu halten. Vor allem interessiert uns die Rolle der HeilpädagogInnen, die wir im Unterricht auch an einzelnen Personen nachzeichnen: Hans Asperger, Andreas Rett, Maria Novak-Vogl um nur einige (mit dem Bundesland Tirol in Kontakt stehende) Personen zu nennen.
Gerade für Menschen, die in diesem Beruf mit Menschen mit Behinderungen tätig sind, muss die Geschichte und die Rolle der agierenden Personen im Bewusstsein gehalten werden.
Dazu haben wir auch die von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin kuratierte Ausstellung, die von der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde sowie dem Freundeskreis „Pesthaus“ nach Innsbruck geholt wurde, besucht und die Zusammenstellung hat uns einen guten Einblick in das medizinisch-heilpädagogische Gedankengut dieser Zeit vermittelt. Die Schautafeln sind übersichtlich gestaltet und zeigen exemplarisch etwa ein Jahrzehnt der „Behindertenhilfe“, das vor allem für junge Menschen unverständlich zu sein scheint.
Die Studierenden konnten Zusammenhänge neu herstellen, beispielsweise, dass Kinder und Jugendliche, deren Leben als „lebensunwert“ eingestuft wurde, trotzdem noch dem Volkskörper dienen sollen, indem sie ihr Leben (ungefragt) als Objekte in Versuchsreihen für Impfungen zur Verfügung stellen. Das ist mehr als zynisch und zeigt den unmenschlichen Umgang mit den schwächsten Menschen einer Gesellschaft, die von der Ideologie des „Herrenmenschen“ geprägt war.
Wir haben die Ausstellung vorerst angesehen und uns dann noch gegenseitig auf besonders markante Aussagen aufmerksam gemacht. Die Studierenden waren beeindruckt und betroffen von den Erzählungen und dem Gedankengut dieser Epoche.
Mag. Martin Jenewein (10.11.2020)