Bereits einige Male erhielt unsere medizinhistorische Sammlung besondere Objekte von Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Reinhard Putz, seit 2013 Vorsitzender des Universitätsrates der Medizinischen Universität Innsbruck und Vorstand der Anatomischen Anstalt (I) der Ludwig-Maximilians-Universität München zwischen 1989 und 2007. Als Anatom und Forscher international bekannt, hat Prof. Putz sich auch sehr um die Lehre an der LMU München und um die Neuaufstellung der Historischen Anatomischen Sammlung verdient gemacht. Entsprechend erfreulich war die dem Freundeskreis Pesthaus angebotene Möglichkeit, durch eben diese Sammlung von Prof. Putz persönlich geführt zu werden. Ein entsprechender Termin konnte mit dem 15.07. gefunden werden und so machten sich die Vereinsmitglieder und Interessierten mittels Zug, Bus oder Auto in den frühen Morgenstunden auf den Weg nach München bzw. zur Anatomischen Anstalt der LMU.
Dort empfing Prof. Putz die über 20 angereisten Gäste und führte sie in das von einer Sphinx bewachte Foyer des Institutes. Diese prominente Sphinx, welche laut Prof. Putz „den Studierenden beim Eintritt eine gewisse Haltung abverlangt“, und den gesamten schönen Eingangsbereich bestaunend, wurden die Interessierten nun von unserem Obmann HR Dr. Christoph Neuner begrüßt, welcher Prof. Putz seinen herzlichen Dank für die Möglichkeit dieser Führung ausdrückte. Anschließend begrüßte auch Prof. Putz die zahlreichen Anwesenden und führte die Gäste zunächst durch das Institut selbst. Erste Station war vor der großen Kopie von Rembrandts „Die Anatomie des Dr. Tulp“, welche gleich am Ende der vom Foyer in den 1. Stock führenden Treppe hängt. Das Gemälde war ein Geschenke eines Berliner Gynäkologen in den 1920er Jahren.
Gastgeber Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Reinhard Putz und Obmann HR Dr. Christoph Neuner begrüßen die angereisten Gäste.Anschließend ging es in den historischen Hörsaal der Anatomie. Das Institut selbst und damit auch der Hörsaal wurden in den Jahren 1905 bis 1907 erbaut, letzterer bot dabei Platz für 300 Studenten. „Heute sind allerdings fast 70% der Studierenden weiblich“, erklärte uns Prof. Putz. Das Institut selbst gehört zu den ersten Eisenbetonbauten Mitteleuropas, Architekt war Max Littmann (1862-1931). Die prominente Hörsaalkuppel ist 22 Meter lang und steht für einen der ersten Versuche Beton dermaßen zu „spannen“. Die Fassade des Institutes selbst ist aus Sichtbeton, was zur Folge hat, dass bislang noch keine Malerarbeiten notwendig waren, alleine regelmäßige Reinigungen erhalten diese Fassade.
Mittlerweile beginnen jährlich etwa 900 bis 1000 Studierende ihr Medizinstudium, entsprechend benötigt es einen zweiten Hörsaal, der über eine Live-Videoschaltung mit dem ersten verbunden ist. Allerdings gibt es im aktuellen Studienplan ohnehin nur mehr ein Drittel der anatomischen Vorlesungen im Vergleich zur Anfangszeit von Prof. Putz, dies hänge mit dem veränderten Lernen und dem größeren Angebot an leicht nutzbarer Literatur für die Studierenden zusammen. Auch die Didaktik im Hörsaal hat sich von großen Tafelzeichnungen zur PowerPoint-Präsentation hin verändert. Er habe auch noch zu den „Helden der Kreide“ gehört, meint Prof. Putz schmunzelnd. Der Hörsaal, so hören wir, ist auf der südlichen Hälfte des Institutes gelegen und gehört damit zum „Reich des Lebens“.
„Das Reich des Todes“, also der Seziersaal in der nördlichen Institutshälfte, stellte die nächste Station der Führung dar. Dort wurden wir von Prof. Putz darüber aufgeklärt, dass der Sezierkurs für die Studierenden mit Absicht recht am Beginn des Studiums angesiedelt sei, um rasch einen Einblick in die Medizin zu geben. Aber auch, damit die Studierenden schnell erkennen können, ob ein Medizinstudium die richtige Wahl für sie ist.
Nach dieser interessanten Führung durch das Gebäude selbst, betraten wir nun die Räumlichkeiten der Anatomischen Sammlung selbst. Die uns von Prof. Putz erklärten Details und Besonderheiten waren zu zahlreich, um sie sämtlich in diesem Bericht unterzubringen. Einige der Objekte im Eingangsbereich gehören der vergleichenden Anatomie an, dazu zählt auch das Skelett eines Braunbären, welcher 1835 als vorletzter Bär in Bayern erlegt wurde. (Der letzte Braunbär, Bruno, wurde 2006 erlegt.) An den offenen Epiphysenfugen erkennt man, dass dieser etwa 1,5-2 Jahre alte Bär noch größer geworden wäre. Spannend ist auch die Skelettserie von 1820. Diese stammt ursprünglich aus Landshut und wurde vom Anatomen Martin Münz (1785-1848) präpariert.
Im Hauptraum der Sammlung, direkt ein Stockwerk unter dem Seziersaal, sind die unterschiedlichen Trocken- und Feuchtpräparate, aber auch Wachs-, Holz- und Plastikmodelle nach anatomisch sinnvollen Themenblöcken wie etwa Bewegungsapparat oder Innere Organe angeordnet. Diese befinden sich in beneidenswert gutem Zustand und bestätigen den großen Einsatz von Prof. Putz für diese Historische Sammlung!
Nach dieser spannenden Führung durch das Anatomische Institut und die Historische Sammlung spazierten wir zum nahegelegenen Lokal Mariandl, wo wir uns noch zum Mittagessen einfanden, bevor es wieder in Richtung Hauptbahnhof und retour nach Innsbruck ging.