Am Abend des 29.11. trafen wir uns zur nunmehr vierten Weinverkostung unseres Vereins. Dieses Jahr hat sich unser Kassier und Weinakademiker Georg Aichinger an unserem Exkursionsziel Bologna orientiert und für die Verkostung Weine aus der italienischen Region Emilia-Romagna ausgewählt.
Wie schon in den Vorjahren erfuhren die Anwesenden allerhand kulturhistorisch Interessantes und Kurioses über Wein und dessen Anbau. Eingangs erinnerte unser Weinkundler an die Verkostung des Vorjahres, im Rahmen derer wir Weine aus der französischen Region Bordeaux probieren durften. Hiervon allerdings ausschließlich „deuxième cru“, immerhin mussten wir uns als Verein entscheiden, ob wir „premier cru“ trinken oder heuer eine Heizung im Saluteum installieren lassen wollten, scherzte Georg Aichinger.
Frankreich und Italien gehören überhaupt zu den Haupterzeugern guten Weins und führen jedes Jahr einen sehr knappen Kampf um den ersten Platz aus. Auf dem dritten Platz liegt üblicherweise Spanien. Und im Vergleich zu den 45 bis 50 Millionen Hektolitern, die in Frankreich oder Italien jährlich produziert werden, wirken die „österreichischen“ 2,4 Millionen Hektoliter eher traurig. Allein die italienische Region Emilia-Romagna keltert auf 60.000 Hektar 8 bis 9 Millionen Hektoliter, mehr also als ganz Österreich. Allerdings wäre diese Anbaumenge mit im Schnitt 150 Hektoliter pro Hektar nicht mit österreichischen Qualitätskriterien vereinbar, nach welchen etwa pro Hektar maximal 75 Hektoliter Wein erzeugt werden dürfen.
Über Trebbiano und Albana ging es zu Lambruscorebsorten, zum einen di Sorbara, zum anderen Grasparossa. Hierbei berichtete Georg Aichinger über den schlechten Ruf des Lambruscos, der wohl schon in den 1960ern seinen Anfang nahm als die italienischen Winzer begannen, Lambrusco als Massenware in die USA zu exportieren und den Wein immer mehr einer Limonade anzugleichen. Die ursprüngliche Lambruscorebe selbst wurde schon im alten Rom von Cato dem Älteren erwähnt. Für unsere Verkostung hat sich Georg Aichinger allerdings bemüht, einen „ernsthaften Lambrusco“ anzubieten, gleichwohl auch diese für uns aufgrund der Kombination von Rotwein und Kohlensäure durchaus ungewöhnlich sind. Wörtlich übersetzt heißt Lambrusco „wilde Rebe“, was etwa beim Lambrusco di Sorbara nur bedingt zutrifft, besitzt diese Rebe doch große Beeren und dünne Häute und ist entsprechend sensibel und damit wackelhaft im Ertrag. Von „wild“ im Sinne von „resistent“ oder neudeutsch „tough“ kann also keine Rede sein.
Üblicherweise wird für einen Qualitätswein 85% Eigenanteil verlangt, beim Lambrusco di Sorbara werden teils aufgrund der verringerten Produktion bis zu 40% Anteil anderer Rebsorten toleriert. Der zweite Lambrusco vom klingenden Typ Grasparossa wird so benannt nach den Stielen der Reben, die sich im Verlauf des Jahres rötlich verfärben. Der Grasparossa hat im Vergleich zum di Sorbara schließlich kleinere Trauben mit dickeren Häuten, liegt auch länger auf diesen, wodurch er seine doch deutlich dunklere Farbe erhält.
Nach diesen vier ersten Weinen genossen wir gewissermaßen als Zwischen- oder Übergang zu den „echten“ bzw. kohlensäurefreien Rotweinen einen Rosé, konkret einen Lambrusco di Sorbara Spumante, von einem 1920 begründeten, mittlerweile in 4. Generation geführten Weingut.
Für viele von uns war es eine gewisse Überraschung bzw. Neuigkeit, dass einige der Weine in Betontanks reifen, welche im Inneren vor der Befüllung mit Weinsteinpaste vorbehandelt werden. Solche Betontanks sind dabei in Frankreich und Spanien schon lange üblich.
Das nächste Duo bestand aus zwei Weinen von der Sangiovese-Rebe. Für Gesprächsstoff sorgten dabei die eindrucksvollen Weinschilder, zum einen mit einem Affen, zum anderen mit einem Clown. Diese Rebsorte ist etwa auch zu 70% Bestandteil des bekannten Chianti. Die Namensgebung erfolgte nach einer Legende, laut welcher ein Mönch aus dem Kloster bei Rimini im 15. Jahrhundert gefragt worden sei, was er trinke. Seine Antwort: „Sanguis jovis“, das Blut des Jupiter. Der nächste Rotwein war mit 14,5% Alkoholanteil der stärkste der Verkostung und bestand zu 60% aus Sangiovese, 27% Cabernet Sauvignon und 3% Syrah. Geschmacklich sehr eindrucksvoll, war es ein glänzender Abschluss der verkosteten Rotweine. Der Weinreigen wurde schließlich noch mit einem Süßwein beendet. Nach so vielen diversen Weinen wurden die Anwesenden noch von einem Zitat des ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Theodor Heuss (1884-1963) erhellt: „Wein saufen ist eine Sünde, Wein trinken ist beten. Lasset uns beten.“
Neben diesen spannenden weinbezogenen Geschmackserlebnissen und auch fachlichen Inhalten wurden die Anwesenden auch durchgehend kulinarisch verwöhnt. Unsere stv. Obfrau Astrid Aichinger hat in gewohnter Weise auch Hervorragendes für bzw. gegen den Hunger vorbereitet. Zusammengefasst war es einfach ein sehr interessanter und freundschaftlicher Abend und wir freuen uns bzw. hoffen schon auf die nächste Abhaltung im Herbst 2024!
Es bleibt abschließend noch, an Georg und Astrid Aichinger ein großes Dankeschön für ihr großes Engagement für unseren Verein auszusprechen, welches sich weit über die Organisation der Weinverkostung hinaus erstreckt. Unser Verein schätzt sich sehr glücklich, solch engagierte Mitglieder zu haben.
Abbildungen © H. Ehwald.
Beitragsbild: Die verkosteten Weine im Vordergrund, unsere Mikroskopieausstellung im Hintergrund.