Historisches und Aktuelles zu Kinderschutz und Kindesmisshandlung
Mag. Dr. Christian Lechner, cand.med. Wolfgang Pietersteiner (Innsbruck)
Die von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Gaedicke (1944-2017) und Mag. Dr. Christian Lechner begründete Vortragsreihe MuGI (Medizin und Geschichte Innsbruck) fand am 26.06.2018 bereits schon zum vierten Mal statt. Trotz Ende des Semesters und schwieriger Gegenveranstaltungen, konkret den WM-Gruppenspielen Nigeria-Argentinien und Island-Kroatien, fanden sich knapp 40 interessierte Anwesende ein.
Nachdem sich die ersten drei MuGI-Abende psychiatriehistorischen Themen widmeten, war den Organisatoren ein Fokuswechsel wichtig. Der ursprünglich geplante vierte MuGI-Abend zum Thema „Von Zombies, Killerviren und der pandemischen Apokalypse“ musste von Dr. Alois Unterkircher aus gesundheitlichen Gründen leider abgesagt werden. Besonders erfreulich war nun, dass kurzfristig die sich in Abschluss befindliche Diplomarbeit von cand.med. Wolfgang Pietersteiner zur Kinderschutzgruppe der tirol kliniken, betreut von PD Dr.med. Dipl.oec.troph. Sabine Scholl-Bürgi, Dr. Lechner, Dr. Klaus Kapelari und Ao. Univ.-Prof. Dr. Werner Streif, im Rahmen des MuGI-Abends einer interessierten Öffentlichkeit erstmals vorgestellt werden konnte.
Im großen Hörsaal des Kinder- und Herz-Zentrums begrüßte zunächst PD Mag. Dr. Dipl.oec.med. Jürgen Brunner, geschäftsführender Oberarzt des Departments für Kinder- und Jugendheilkunde, aus Sicht der Kinderklinik die anwesenden Gäste und betonte die Wichtigkeit der Kinderschutzgruppe an der Kinderklinik (Ärztlicher Leiter Dr. Kapelari, Stellvertreterin PD Dr. Scholl-Bürgi) bei der Diagnostik und Prävention von Kindesmisshandlung. Danach begrüßte unser Obmann HR Dr. Christoph Neuner im Namen des Freundeskreis Pesthaus das Plenum und lud dabei alle an der Medizingeschichte Interessierten zum Verein ein.
Anschließend führte MMag. Ina Friedmann in das Thema ein und erzählte den Anwesenden, dass sich an den beiden Innsbrucker Geschichts-Instituten ebenfalls mehrere Projekte mit Misshandlungen an besonders schützenswerten Gruppen befassen, bspw. mit körperlich und geistig behinderten Männern, Frauen und Jugendlichen, die während der Zeit des Nationalsozialismus gegen ihren Willen zwangssterilisiert wurden.
Nach einer kurzen Vorstellung der beiden Referenten führte Dr. Lechner in das Thema ein und gab einen historischen Überblick über die Stellung des Kindes sowie der Entwicklung des institutionellen und wissenschaftlichen Kinderschutzes im Verlauf der Geschichte. Besonders bemerkenswert dabei ist, dass in Österreich bspw. erst seit 2004 die gesetzliche Pflicht von bettenführenden pädiatrischen Abteilungen zur Etablierung einer Kinderschutzgruppe besteht. Zur Geschichte des Kinderschutzes gehören damit auch rezente Entwicklungen.
Aktuelles zu Kinderschutz und Kindesmisshandlung stellte cand.med. Pietersteiner vor. Zunächst definierte er Kindesmisshandlung, erklärte mögliche Hinweise auf bzw. Risikofaktoren einer Kindesmisshandlung und den klinikinternen Ablauf bei Verdacht auf eine Kindesmisshandlung. Dann führte er den Anwesenden die unterschiedlichen Formen der Kindesmisshandlung vor Augen, bevor er konkret zu den interessanten Ergebnissen seiner Diplomarbeit kam.
Nach diesen spannenden Vorträgen und einer anregenden Diskussion mit mehreren, teils persönlichen Kommentaren ergab sich, dank Unterstützung der Hypo Tirol Bank, auch bei einem anschließenden Getränk noch die Gelegenheit zu weiteren Nachfragen und zur persönlicheren Diskussion.